Rheinmünster - Die beiden Jungs wollen anonym bleiben. Der 16- und der 17-Jährige stehen am Baden-Airport in der Schlange des Check-in-Schalters für den Mallorca-Flug. Während ihre Mitschüler am letzten Schultag noch im Klassenzimmer sitzen, starten die Jugendlichen aus Lahr in einen zweieinhalbwöchigen Partymarathon. "Wir haben Kopfweh", entschuldigt einer der beiden mit einem Grinsen die Schulabstinenz. Um sie herum geht es zu wie im Bienenstock. Mit 4200 Passagieren verzeichnete der Flughafen gestern den Rekordtag der Sommersaison. Die meisten fliehen vor dem Regen in den Süden.
"Die Leute starten immer direkt zum Ferienbeginn", schildert Flughafensprecherin Elke Fleig die Erfahrungen aus der Vergangenheit. Kurz nachdem der letzte Schulgong verklungen ist - oder eben auch schon davor - stürmen die Sonnenhungrigen die Ferienflieger. Gefragt sind die klassischen Reiseziele rund ums Mittelmeer.
Das Wetter macht den Abschied aus der Heimat leicht. Während in Ottersweier die letzten Flutopfer noch ihre Keller auspumpen und es schon wieder Bindfäden vom Himmel regnet, heizt die Sonne die Balearen auf 34 Grad auf. Darauf freuen sich auch Rainer und Lydia Roth aus Linkenheim, für die der Mallorca-Tripp die erste Auslandsreise seit Jahren ist. "Ich bin ein bisschen nervös vor dem Fliegen", bekennt Lydia Roth. Das Ehepaar hat schon öfter Verwandte zum Baden-Airport kutschiert, nun heben sie zum ersten Mal selbst von dort ab. "Es ist sehr praktisch, dass der Flughafen so nah und so überschaubar ist", meint Rainer Roth.
Auch Danielle Rinckenberger aus Hagenau ist ein echter Baden-Airport-Fan. "Innerhalb von 25 Minuten sind wir von zuhause aus am Terminal", erzählt sie. Mit ihrem Ehemann Pierre wird sie die nächsten zehn Tage in Antalya unter der Sonne brutzeln.
Zwei ihrer Landsleute müssen der Maschine in die Türkei allerdings vom verregneten Boden aus nachblicken. Ihre Pässe sind abgelaufen. Andrea Fettig am Infoschalter kann den beiden nicht helfen. Während sich deutsche Fluggäste in solchen Fällen Notdokumente von der Bundespolizei ausstellen lassen können, haben Franzosen das Nachsehen.
Die Chancen, dass die Betroffenen in den nächsten Tagen vom Baden-Airport aus wegkommen, sind klein. Die Flugzeuge sind voll. Für heute werden 3800 Passagiere erwartet, Freitag bis Sonntag jeweils wieder 4000. Solche Zahlen machen der Flughafenverwaltung Hoffnung, dass es wieder langsam aufwärts geht. Im ersten Halbjahr zählte der Airport rund 440000 Passagiere und damit 28000 weniger als im Vorjahreszeitraum. Im Juni stabilisierten sich die Zahlen wieder. Mit diesen Vorzeichen hat Geschäftsführer Manfred Jung für 2014 "wieder eine Million Fluggäste in Sicht". Dabei ist die Großwetterlage für Regionalflughäfen aktuell alles andere als rosig. Zweibrücken musste Insolvenz anmelden, der Flughafen Nürnberg benötigt eine Finanzspritze von Stadt und Freistaat in Höhe von 70 Millionen Euro, und auch Frankfurt/Hahn befindet sich seit Monaten im Krisenmodus. "Wir arbeiten viel daran, dass es bei uns wieder aufwärts geht", betont Fleig. Über etwaige neue Ziele für den Sommerflugplan 2015 hält sie sich allerdings noch bedeckt. Kurzfristig hofft sie darauf, dass ab 6. November die neue Germania-Route nach Agadir im Süden Marokkos zieht. Die Stadt sei ein "wunderschönes Winterziel".
Für die Passagiere, die zum Sommerferienstart in der Schlange für den Flug ins kroatische Zadar stehen, ist der Winter aber noch ganz weit Weg. Darunter ist eine 17-köpfige Gruppe aus Östringen. Die Jungs und Mädchen sind zwischen 18 und 20 Jahre alt, der Großteil hat gerade sein Abi bestanden. Bevor Studium und Beruf die Jugendlichen in alle Himmelsrichtungen zerstreuen, wollen sie ein letztes gemeinsames Abenteuer erleben.
Im Gegensatz zu den Jungs aus Lahr müssen sie dafür auch nicht schwänzen. Der letzte Schultag der Abiturienten liegt schon Wochen zurück.