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RE: [BT] O'Learys Kampfansage an die Etablierten

in Pressebereich 15.01.2015 08:12
von A343 | 1.595 Beiträge | 1763 Punkte

Rheinmünster - Es ist noch nicht lange her, als Michael O'Leary bei öffentlichen Terminen gerne mal den Clown gab. Doch übertriebene Marketing-Späße verkneift er sich inzwischen. Der Gründer und Chef des irischen Billigfliegers Ryanair kommt nun als seriöser Geschäftsmann daher - und als ein überaus erfolgreicher. O'Leary wird von der Konkurrenz nicht nur ernst genommen, sondern sogar gefürchtet.

Gestern, 10.25 Uhr am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden (FKB): O'Leary steigt gut gelaunt aus seiner Maschine. Es ist einer der typischen Termine des Geschäftsmanns zu Beginn eines Jahres, das für Ryanair ein besonderes werden soll. Die Stippvisite ins Badische ist Teil einer großangelegten Werbe-Kampagne. Der 53-Jährige will mit seiner Airline in Deutschland expandieren. Bislang ist Ryanair hierzulande eher auf Regionalflughäfen abseits der großen Passagierströme beheimatet - und kommt deshalb auf gerade mal vier Prozent Marktanteil. Verglichen mit Ländern wie Spanien (18 Prozent), Großbritannien (16 Prozent) oder Italien (25 Prozent), hat der deutsche Luftverkehr für Ryanair noch erhebliches Potenzial. Deshalb greift der smarte Ire nun an. "Wir wollen unseren Marktanteil deutlich ausbauen", sagt er bei seinem Kurzbesuch am Baden-Airport. In den nächsten drei bis vier Jahren soll er auf 20 Prozent steigen. Ryanair peilt 160 Millionen Passagiere bis 2024 an (2014: 90 Millionen) - und wäre damit die Nummer zwei in Deutschland nach der Lufthansa. Das ist aber nur zu schaffen, wenn die Flieger künftig auch von den Großflughäfen abheben. Die Verhandlungen dazu laufen. Es gibt sogar erste Erfolge: In Köln-Bonn wurde eine Basis eröffnet und auch mit Stuttgart ist ein viel beachteter Deal gelungen. Weitere sollen folgen.

Dass dem neuen Kurs möglicherweise die Regionalflughäfen zum Opfer fallen, verneint O'Leary. "Wir wollen die angepeilten 160 Millionen Passagiere jeweils zur Hälfte auf Großflughäfen und auf den Regionalairports holen", sagt er im Gespräch mit dem Badischen Tagblatt. Das wiederum hört Baden-Airport-Chef Manfred Jung gerne. Für ihn ist Ryanair seit dem ersten Abflug 2003 unverzichtbar. Die Airline zählte seither mehr als 5,5 Millionen Fluggäste. Sie ist für gut die Hälfte der jährlich eine Million Passagiere am FKB verantwortlich. Ein Rückzug der Iren hätte verheerende Folgen. Danach allerdings sieht es derzeit nicht aus: O'Leary will die Passagierzahl am Baden-Airport in den kommenden Jahren verdoppeln.

Der Aufstieg von Ryanair ist überhaupt erst möglich geworden durch die regionalen Airports. Die eine oder andere Subvention, etwa in Form von billigen Start- und Landegebühren oder durch die Übernahme bestimmter Dienstleistungen durch die Flughafenbetreiber, war der Treibstoff für den Höhenflug. Die Vergünstigungen gingen sogar so weit, dass sie die Wettbewerbshüter in der EU auf den Plan riefen. Am Baden-Airport jedoch, so versichert Jung immer wieder, habe es solche Subventionen zu keiner Zeit gegeben.

Hohe Auslastung der Flieger am FKB

Vielmehr setzt der Flughafen-Chef auf Kontinuität in der Geschäftsbeziehung mit seinem Kunden aus Dublin. Im aktuellen Winterflugplan haben die Iren sieben Destinationen vom FKB aus im Programm. Für den Sommerflugplan kündigt O'Leary eine Ausweitung auf 13 Strecken und wöchentlich 43 Flüge an. Mittelfristig darf sich FKB-Chef Jung sogar auf die feste Stationierung einer dritten Maschine freuen. "Wir sind und bleiben ein wichtiger Standort für Ryanair", sagt er. Die Auslastung der Flieger am FKB liegt bei nahezu 90 Prozent und damit über dem Durchschnitt der Airline. "Das zeigt, dass Ryanair von den Kunden angenommen wird", so Jung.

In der hart umkämpften Luftfahrtbranche hat Ryanair derzeit eine Ausnahmestellung. Die meisten Airlines senken ihre Prognosen, die Iren haben sie zuletzt zwei Mal angehoben. Bei Experten gilt Ryanair als die zurzeit erfolgreichste europäische Fluggesellschaft. Das wiederum macht die Iren mutig. Sie erhöhen den Druck auf ihre etablierten Konkurrenten. Mit einem Strategiewechsel will O'Leary nicht mehr nur bei sparsamen Urlaubern, sondern auch bei Geschäftskunden punkten. In der Vergangenheit hat sich die irische Airline nicht gerade durch Kundenfreundlichkeit ausgezeichnet. "Das wird sich ändern", versichert O'Leary. Künftig soll es unsägliche Diskussionen wie die über eine Gebühr für die Benutzung der Toiletten während des Fluges nicht mehr geben. Sie haben dem Image geschadet. Stattdessen setzt der Airline-Chef auf ein komplett neues Auftreten in der Öffentlichkeit sowie auf eine moderne Flotte von Flugzeugen mit mehr Service und Bequemlichkeit.

Das ist für O'Leary auch deshalb wichtig, weil er noch ein anderes Ziel verfolgt: Ryanair will weg vom reinen Anbieter von Ferien- und Städteflügen. "Wie werden Europas wichtigste Fluglinie für Manager", kündigt der Airline-Chef an (siehe: zum Thema).

Lufthansa entdeckt Billig-Strategie

Selbst bei einem Billigflieger wie Ryanair sind die Zeiten vorbei, als attraktive Ziele in Europa für 99 Cent pro Flug verscherbelt wurden. Die Iren haben die Kostenseite inzwischen unter Kontrolle - unter anderem deshalb, weil für jede Kleinigkeit eine Zusatzgebühr fällig wird, so dass unterm Strich die Ticketpreise deutlich steigen. Trotzdem sind sie mit durchschnittlich 46 Euro immer noch günstiger als bei der Konkurrenz. Air Berlin verlangt beispielsweise 121 Euro, die Lufthansa sogar 235 Euro. Das wiederum hat zu einem Umdenken bei Deutschlands größter Fluggesellschaft geführt. Lufthansa entdeckt plötzlich die Billig-Strategie als Erfolgsmodell. Mit der Tochter Eurowings stampft sie gerade ein Angebot für europäische Flugziele aus dem Boden. Ryanair-Chef O'Leary schreckt das nicht. "Da treffen sich Ingenieure und Doktoren in Frankfurt und beschließen am grünen Tisch, dass sie einen Billigflieger gründen. Das reicht aber nicht", sagte er kürzlich in einem Interview mit der Wirtschafts- und Finanzzeitung "Handelsblatt". Und stichelte: "Auch die neuen Töchter der Lufthansa sind in ihrem Kern Billigflieger mit einer ungünstigen Kostenstruktur. Damit kann man nicht erfolgreich sein."


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