Heute stand mal wieder ein großer Bericht im BT
Drehkreuz zum Abendessen
Von Gerold Hammes
Rheinmünster - Max Lorenz ist mit Flugzeugen sozusagen aufgewachsen. Er hört und sieht sie jeden Tag. Zwangsläufig: Der Zehnjährige wohnt in Schiftung. Oft hat er sich danach gesehnt, einmal in solch einem Flieger sitzen und auf sein kleines Dorf schauen zu dürfen - statt den Jets immer nur am Himmel hinterherschauen zu müssen. Jetzt aber ist es soweit: Max, seine zwei Geschwister und natürlich die Eltern machen den Abflug: Ab nach Mallorca. Zehn Tage lang. Und er gibt den Obercoolen: "Ich lass' mich mal überraschen. Aber das wird schon gut gehen!" Ganz andere Sorgen hat da der Geschäftsführer der Baden-Airpark GmbH, Manfred Jung. Das Chartergeschäft bröckelt weg. Und das hat gleich mehrere Gründe.
Hintergrund
Die Mitarbeiterin eines Reiseveranstalters in der Abflughalle klagt stellvertretend für die Urlaubskundschaft: "Wir haben für manche Urlaubsziele viel zu wenig Kapazität." Eine andere findet es "einfach nur blöd", dass das Mallorca-Drehkreuz durch die Abflugverschiebung der Air-Berlin-Maschine von ehemals 6 Uhr auf nunmehr 15.20 Uhr weitgehend verriegelt ist. "Früher konnte man am Wochenende schnell mal auf Malle fliegen. Das geht jetzt nicht mehr"; zumal der Rückflug von 19.45 auf 11.40 Uhr vorverlegt wurde. So gehen zwei Urlaubstage verloren. Nix mehr mit Kurztripp auf die Sonneninsel.
Auch Roland Lorenz, dem Vater von Max, schmeckt der Abflugtermin nicht sonderlich: "Wenn man im Hotel ankommt, geht es auch gleich schon zum Abendessen." Sei's drum: Die Freude auf zehn Tage Sonne, Strand und Meer in Can Picafort überwiegt eindeutig. Es ist im Übrigen der erste gemeinsame Familienurlaub per Flugzeug. Vor zwei Jahren ging es noch ins Allgäu: "Das war vielleicht eine ganz schön anstrengende Autofahrt", stöhnt Max heute noch. Nur Fliegen ist eben schöner.
Manfred Jung hingegen weiß nicht so recht, ob er sich freuen oder ebenfalls stöhnen soll: Vergangenen Sonntag frequentierten 4 850 Passagiere den internationalen Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden. Es war der bislang zweitstärkste Verkehrstag des Jahres. 50 Fluggäste mehr waren es am 7. Juni. Das bisherige Allzeithoch datiert vom September 2007. In Stuttgart trafen damals die deutsche und irische Fußballnationalmannschaft aufeinander. Ryanair brachte die irischen Fans mit drei Sondermaschinen ins Land. Am Ende des Tages notierten die Statistiker 5200 Passagiere.
125 000 Fluggäste im Juli bedeuten Rekord
Aber auch der gerade zu Ende gegangene Juli setzte eine neue Bestmarke: mit 125000 Fluggästen. Kumuliert auf die Monate Januar bis einschließlich Juni legte der Baden-Airport mit 534998 Passagieren ein Wachstum von 13,6 Prozent zum Vorjahreszeitraum hin. Zum Vergleich: die Stuttgarter "Mutter" in Echterdingen verlor 2,4 Prozent.
Im Steigflug befindet sich in Söllingen nach wie vor der Linienverkehr. Im Pauschalgeschäft rechnet Jung dagegen mit dem Szenario Sinkflug und einem Rückgang des Kundenaufkommens um zehn Prozent. Das Jahrespassagieraufkommen ist mit 1,15 Millionen angesetzt und in etwa gleich hoch wie im Krisenjahr 2009.
Nach wie vor der Renner im Chartergeschäft ist die Türkei (Antalya) mit 125000 Fluggästen im vergangenen Jahr und bis zu zwölf Verbindungen pro Woche, gefolgt von Mallorca (95000) und den Kanaren (50000). Vor allem die beiden letzteren Destinationen gelten dennoch als notorisch "unterversorgt". Gran Canaria und Fuerteventura werden nur noch einmal wöchentlich bedient (früher bis zu zweimal), Lanzarote und La Palma sind im Flugplan erst gar nicht mehr enthalten. Auch Jung missfällt dies und nennt die Gründe: "Die Reiseveranstalter zwingen die Kunden auf die großen Flughäfen, um mit begrenzten Angeboten auf den kleineren Airports die Preise hochzuhalten."
Auf dem Baden-Airport ist die TUI in Sachen Pauschalreisen der Platzhirsch. "Sie bestimmt, was geflogen wird" (Jung). Sie ordert bei den Luftverkehrsunternehmen die Maschinen und legt die Sitzplatzkapazitäten fest, um diese zum überwiegenden Teil an die direkten Mitbewerber wieder abzutreten. "Die Reiseveranstalter bestimmen die Ziele und Flugpreise, nicht wir", erklärt der Geschäftsführer das System. Gleichwohl: Es gibt auch eine Gegenstrategie des Flughafen-Managements: die Urlaubsziele nicht per Charter, sondern per Linie anzufliegen, wie dies bereits bei den italienischen Destinationen Bari, Cagliari oder Trapani geschieht. Dies sei ohnedies der Trend und vor allem auf den klassischen "Rennstrecken" rund ums Mittelmeer und auf die Kanaren sinnvoll. Jung denkt - stellvertretend für viele Ziele - an Faro, Valencia oder Malaga. Er ist sich sicher: "Nachfrage ist genug vorhanden." Vorteile brächte dies auch für die Reisebüros, die dann individuelle Urlaubspakete schnüren könnten. Als Partner kämen, naheliegenderweise, Air Berlin und Ryanair in Frage.
Zwei Mallorca-Flüge eventuell täglich
Ausgerechnet der für seine Zuverlässigkeit und moderne Flotte hoch geschätzte Carrier aus der Bundeshauptstadt sorgte für die größte Enttäuschung des Jahres bei den Badenern, indem er zum Sommerflugplan das Drehkreuz Palma ausdünnte und auf den Abendumlauf verlegte. Es soll eine einmalige Notlandung bleiben: Für das Sommergeschäft 2011 konnte Jung der zweitgrößten deutschen Luftverkehrsgesellschaft gar zwei Mallorca-Flüge täglich abringen. Die Zusage stammt allerdings aus einer Zeit, da von einer Luftverkehrsabgabe noch keine Rede war. "Jetzt ist alles wieder in Frage gestellt", schüttelt Jung das Haupt - und setzt auf das Prinzip Hoffnung. Und darauf, dass die Familie Lorenz bei ihrem nächsten Mallorca-Urlaub nicht erst wieder zum Abendmahl im Hotel einchecken kann.
Link: http://www.badisches-tagblatt.de/html/co...Abendessen.html
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